Faktencheck Ärztedichte

Die Arztsitze in Deutschland sind ungleich zwischen Stadt und Land verteilt. Kann die 2013 veränderte Bedarfsplanung daran etwas ändern? Zwei Studien des "Faktencheck Ärztedichte" kommen zu einem ernüchternden Fazit: Die Verteilung wird nicht bedarfsgerechter. Das Stadt-Land-Gefälle wird bei einigen Facharztgruppen sogar zementiert.


Facharztverteilung weicht stark vom Versorgungsbedarf ab

Im Vergleich mit anderen OECD-Ländern gibt es in Deutschland viele Ärzte. Die Ärztedichte liegt mit 38 praktizierenden Ärzten (Allgemeinärzte und Fachärzte zusammengenommen) pro 10.000 Einwohner im oberen Drittel. Dennoch entspricht sie nicht überall dem regionalen Bedarf. Ärztemangel auf dem Land und sehr viele Ärzte in den Städten – unsere interaktiven Karten zeigen, dass die neue Bedarfsplanung an der ungleichen Verteilung der Ärzte kaum etwas ändert. Die Planungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen weichen bei den Fachärzten weiterhin um mehr als 70 Prozent vom Versorgungsbedarf ab.

Die Karte zeigt die geplante HNO-Ärztedichte nach neuer Bedarfsplanung. In Kreisen mit oranger Färbung sieht sie eine niedrigere Ärztedichte verglichen mit dem Bedarf vor. In blau eingefärbten Kreisen hingegen ist eine höhere Ärztedichte als der Bedarf geplant.

Fachärzte auf dem Land versorgen mehr Einwohner als Kollegen in der Stadt

Die beiden Studien bestätigen: Die Sitze der insgesamt acht untersuchten Facharztgruppen werden zukünftig nicht gerechter zwischen Stadt und Land verteilt. Dies genau war Ziel der überarbeiteten Bedarfsplanung. Auch künftig sollen Fachärzte auf dem Land viel mehr Einwohner versorgen als ihre Kollegen in der Stadt. Die entsprechende Richtlinie schreibt zum Beispiel vor, dass auf einen Psychotherapeuten in der Großstadt 3.079 Einwohner kommen. In ländlichen Regionen sind es hingegen 5.953, also fast doppelt so viele. Nervenärzte auf dem Lande sollen sogar 127 Prozent mehr Menschen versorgen als ihre Kollegen, die in der Stadt praktizieren. Begründet wird dieses Ungleichgewicht damit, dass Ärzte in Städten Patienten aus dem Umland mitversorgen sollen.

Hausärztliche Versorgung verbessert sich

Die neue Bedarfsplanung kann lediglich bei den Hausärzten eine Verbesserung der Versorgungssituation bewirken. Der Anteil der Regionen, deren Hausärztedichte vom Bedarf abweicht, sinkt erheblich. Zudem wird die Ungleichverteilung zwischen West- und Ostdeutschland abgemildert. Aber: Nach neuer Planung werden immer noch rund 50 Prozent der Kreise nicht bedarfsgerecht versorgt.

Bedarfsgerechtere Planung ist machbar

Entscheidend für eine bedarfsgerechtere Versorgung ist die Anpassung der Verhältniszahl von Arzt zu Einwohner. Der gesetzliche Rahmen dafür ist geschaffen. Ärzte- und Krankenkassenverbände sind somit gefordert, die ärztliche Versorgung stärker als bisher am Bedarf auszurichten. Durch eine andere Berechnung des Bedarfs könnten Unausgewogenheiten ausgeglichen werden. Dafür müssen sozio-ökonomische Faktoren in die Bedarfsplanung einfließen, weil diese nachweislich den Bedarf mitbestimmen. 

Studie 2015

Spotlight Gesundheit 03/2015

Studie 2014

Themenblatt 2014

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