Faktencheck Pflegepersonal im Krankenhaus

Im internationalen Vergleich beschäftigen deutsche Krankenhäuser vergleichsweise wenig Pflegepersonal. Diese Situation ist besorgniserregend, denn Kliniken mit mehr Pflegekräften erzielen bessere Behandlungsergebnisse.


Zu wenig Pflegepersonal gefährdet Versorgungsqualität

Wie gut ein Patient im Krankenhaus versorgt wird und ob eine Operation zum gewünschten Erfolg führt, hängt  ganz wesentlich von der pflegerischen Betreuung ab. Bei schlechter Pflege können sich Wundinfektionen, Lungenentzündungen, Stürze und andere Komplikationen häufen. Gut ausgebildetes Pflegepersonal ohne überbordende Arbeitsbelastung kann genau das verhindern. Das Berliner IGES Institut hat die Ausstattung deutscher Krankenhäuser mit Pflegepersonal einem Faktencheck unterzogen. Ein Ergebnis: Vergleicht man die Anzahl von Pflegekräften pro Belegungstag mit anderen OECD-Ländern, landet Deutschland auf dem letzten Platz. Trotzdem wurde Pflegepersonal abgebaut: 2015 gab es 3,4 Prozent weniger Pflege-Personal als im Jahr 2000.

Eine gute Versorgung im Krankenhaus setzt eine angemessene Personalausstattung voraus

Hermann Gröhe, Bundesgesundheitsminister (2013-2018)
Anzahl der Pflegekräfte je 1.000 Fälle, 2012 Die Grafik verdeutlicht, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Pflegepersonalausstattung der Kliniken schlecht abschneidet. Hierzulande kommen auf 1.000 Fälle halb so viele Pflegekräfte wie in Norwegen oder Island.

Die Belastung der Pflegekräfte steigt und ist regional unterschiedlich

Unter anderem haben verkürzte Liegezeiten der Patienten eine höhere Belastung der Pflegekräfte bewirkt. Während eine Pflegevollkraft in einem allgemeinen Krankenhaus 2003 statistisch 57,3 Behandlungsfälle zu betreuen hatte, waren es 2015 schon 64. Die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte ist über alle Krankenhausarten hinweg und regional sehr unterschiedlich. Während in Hamburg 2015 auf jede Pflege-Vollzeitstelle knapp 55 Behandlungsfälle kamen, waren es in Niedersachsen gut 63. Auch in Nordrhein-Westfalen und Berlin ist die Arbeitsintensität mit 62 Behandlungsfällen überdurchschnittlich hoch, während sie in Baden-Württemberg (57) und Hamburg (55) am niedrigsten liegt.
Seit 2003 stieg die Anzahl der von einer Pflegekraft durchschnittlich zu betreuenden Behandlungsfälle in allen Bundesländern mit Ausnahme von Mecklenburg‐Vorpommern und Schleswig‐Holstein an. Weit über dem Bundesdurchschnitt (von plus 11 %) lagen Berlin (plus 24 %), Niedersachsen (20 %), Bremen (19 %) und Sachsen-Anhalt (16 %).

Hohe Patientenzufriedenheit

Die Zufriedenheit der Patienten ist erstaunlicherweise immer noch hoch. Die wachsende Belastung der Pflegekräfte führt anscheinend nicht unmittelbar dazu, dass die Patienten mit der Pflege im Krankenhaus unzufrieden sind. Das Internetportal Weisse Liste hat dazu Befragungsdaten von fast 350.000 Patienten ausgewertet. Sie beurteilten die pflegerische Betreuung im Jahr 2014 grundsätzlich als gut, wobei Patienten in Nordrhein-Westfalen und Bremen etwas weniger zufrieden sind. In Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern war die Zufriedenheit am höchsten.

Was ist zu tun?

Bevor sich die angespannte Personalsituation vieler Kliniken negativ auf die Patientenzufriedenheit und die Versorgungsqualität auswirkt, muss gehandelt werden. In Krankenhausabteilungen, in denen ein Mangel an Pflegekräften sich besonders stark auf die Behandlungsqualität auswirkt, müssen Untergrenzen für den Einsatz von Pflegepersonal vorgeschrieben werden. Der Gesetzgeber hat richtigerweise den Prozess zur Festlegung dieser Anhaltszahlen angestoßen. Nun muss sichergestellt werden, dass diese problemorientiert entwickelt, implementiert und ihre Auswirkungen überwacht werden. Vor allem muss gewährleistet werden, dass Untergrenzen nicht als Standardwerte interpretiert werden und andere Fachabteilungen, in denen solche Grenzen nicht gelten, nicht darunter leiden.

Studie

Spotlight

Weitere Faktenchecks

Alle anzeigen

Faktencheck Rücken

Unser Faktencheck verdeutlicht große Unterschiede bei der Versorgung von Patienten mit Rückenbeschwerden.

Faktencheck Regionale Unterschiede

Regionale Unterschiede in der medizinischen Versorgung bestehen fort.

Bedarfsplanung

75 %

aller Kreise in Deutschland haben eine Fachärztedichte, die nicht mit dem Bedarf übereinstimmt. Die 2013 veränderte Bedarfsplanung hat keine bedarfsgerechte Verteilung bewirkt, sondern das Stadt-Land-Gefälle zementiert.

 

Faktencheck Krankenhausstruktur

Die Spezialisierung von Krankenhäusern führt zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität.