Faktencheck Krankenhausstruktur
In deutschen Krankenhäusern kommt es zu vermeidbaren Komplikationen und Todesfällen, weil viele Kliniken zu wenig Erfahrungen mit planbaren Operationen haben. Unser Faktencheck zeigt, dass eine stärkere Spezialisierung die Qualität der Versorgung verbessert, ohne die Fahrzeiten für Patienten maßgeblich zu verlängern.
Erfahrung der Operateure beeinflusst Behandlungsqualität
Die Qualität einer stationären Behandlung hängt nicht zuletzt von der Ausstattung der Kliniken und der Erfahrung der Mitarbeiter ab. Je häufiger Operateure und ihr Team einen Eingriff vornehmen, desto höher ihre Erfahrung. Der Faktencheck Krankenhausstruktur zeigt, dass die Spezialisierung von Kliniken auf bestimmte planbare Eingriffe zu einer besser Versorgung der Patienten führt, ohne dass sich die durchschnittlichen Fahrzeiten maßgeblich verlängern.
Die Studie stellt den Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Ergebnisqualität für fünf Leistungsbereiche dar: Hüft-Totalendoprothesen (Hüft-TEP), Prostata-Entfernungen, Herz-Bypässe, Herzklappen-OP (klassisch) und minimal-invasive Herzklappen-OP (TAVI). Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat das Berliner IGES-Institut errechnet, dass jährlich 140 Todesfälle bei Hüftoperationen vermieden werden könnten, wenn diese nur in Kliniken ausgeführt werden, die mehr als 176 Fälle aufweisen. 2014 kamen aber 311 Krankenhäuser auf weniger als 50 Hüft-OPs. In 10 Prozent aller Kliniken, die Prostata-Entfernungen vornehmen, sind die Fallzahlen bedenklich niedrig. 43 von 414 Häusern konnten weniger als fünf (!) Eingriffe vorweisen.
Bündelung von Kapazitäten und Kooperation zwischen den Kliniken ermöglichen mehr Spezialisierung und größere Behandlungsvolumina. Dieser Weg sollte im Sinne der Patienten konsequent gegangen werden.
Prof. Dr. Jonas Schreyögg, Leiter Hamburg Center for Health Economics, Universität Hamburg
Mindestmengen können Versorgung verbessern
Bei bestimmten planbaren Eingriffen wie Knie-TEPs, Nieren- und Lebertransplantionen hat sich die Einführung von Mindestmengen bewährt. In eigens für den Faktencheck entwickelten Simulationen wurde berechnet, wie sich verbindliche Mindestmengenvorgaben bei den fünf untersuchten Indikationen auf die Krankenhauslandschaft auswirken würden. Zum einen würde die Zahl der leistungsberechtigten Kliniken deutlich sinken. Hüft-TEPs dürften nur noch drei Viertel der Kliniken, Prostata-Entfernungen die Hälfte der Häuser anbieten. Die Befürchtung, dass die Fahrzeiten der Patienten sich erheblich verlängern würden, bestätigte sich nicht. Die durchschnittliche Fahrzeit zur nächstgelegenen Kliniken für eine Hüft-OP verlängert sich von derzeit neun auf elf Minuten. Ein Krankenhaus, in dem Prostata-Entfernungen durchgeführt werden, wäre in durchschnittlich 20 anstatt in 15 Minuten zu erreichen.
Lange Fahrzeiten betreffen nur wenige Patienten
Der Anteil der Bevölkerung, der Fahrzeiten von mehr als 60 Minuten in Kauf nehmen müsste, steigt bei allen analysierten Indikationen. Bei Hüft-TEPs und Prostata-Entfernungen sind aber immer noch weniger als ein Prozent der Bevölkerung betroffen. Umfragen zeigen, dass viele Patienten ohnehin bereit sind, für planbare Operationen weite Wege zurückzulegen, wenn sie eine bessere Qualität erhalten.
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75 %
aller Kreise in Deutschland haben eine Fachärztedichte, die nicht mit dem Bedarf übereinstimmt. Die 2013 veränderte Bedarfsplanung hat keine bedarfsgerechte Verteilung bewirkt, sondern das Stadt-Land-Gefälle zementiert.